Acholeplasma laidlawii: potenzielle Prozesskontaminante von Zellkulturmedien
Was ist Acholeplasma laidlawii?
Acholeplasmen sind gramnegativen Bakterien, die zu Klasse der Mollicuten gehören. Mollicuten umfassen Mykoplasmen und Acholeplasmen. Mollicuten besitzen keine Zellwand, sind sehr klein (200-300 nm) und haben ein begreztes Genom. Da Mollicuten viele der zum Überleben benötigten Enzyme nicht produzieren können, sind sie parasitär auf Eukaryoten. Acholeplasma laidlawii wurde erstmals 1936 aus ungeklärtem Abwasser in London isoliert. Sie sind weit verbreitete Saprophyten und Kommensale der Schleimhaut der oberen Atemwege und des Urogenitaltrakts vieler Tiere und Vogelarten 1.
Aufgrund seines weitverbreiteten Vorkommens in der Natur gehört es zu den fünf wichtigsten Zellkulturkontaminanten (95 %): Mycoplasma orale, Mycoplasma arginini, Mycoplasma hyorinis, Mycoplasma fermentans, Acholeplasma laidlawii oder Mycoplasma hominis 2.
Die geringe Größe, die variable Struktur der Mollicuten und das Fehlen einer Zellwand tragen dazu bei, dass sie sich den gängigen für Mikroorganismen geeigneten Nachweis- und Kontrollmethoden entziehen können. Mollicuten besitzen keine Zellwand und können Sterilfilter(einschließlich 0,1-mm-Filter) unter hohem Druck durchdringen. Die sehr geringen Anzahl, die Sterilfilter durchdringen kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Kontamination bei der Prüfung nach der Produktion nicht erfasst wird. (Windsor, Windsor und Noordergraaf).
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Merkmale von Acholeplasma laidlawii im speziellen und Mykoplasmen im allgemeinen. Desweiteren werden Maßnahmen zum ordnungsgemäßen Nachweis und der sicheren Kontrolle vorgeschlagen.
Wie kommt es, dass Acholeplasma laidlawii eine potenzielle Prozesskontaminante ist?
Acholeplasma laidlawii kann in Rohstoffen natürlichen Ursprungs vorhanden sein, insbesondere in pulverförmigen Zusätzen für die Zellkultur, einschließlich Rinderserum und Trypticase-Sojanährlösung. Das Wachstum von A. laidlawii in einfachem Mykoplasmen-Medium deutet auf einen geringen Nährstofbedarf hin. Die zunehmende Verwendung der Filtersterilisation in der Prozessproduktion (im Gegensatz zur Hitzesterilisation) wird als bekannter Zusammenhang mit der Zunahme von Kontaminationsereignissen mit Acholeplasma laidlawii angesehen.
Die Kontaminationsereignisse mit Mykoplasmen und Acholeplasmen können die Eigenschaften von Zellkulturen verändern. Dies birgt das Potenzial für veränderte zelluläre Nebenprodukte und kann sogar die Wirksamkeit von Biologika beeinträchtigen.
Wie kann Acholeplasma laidlawii in Zellkulturmedien verhindert werden?
Laut Schätzungen sind 15 bis 35 % aller Zellkulturprozesse mit Mykoplasmen generell, darunter auch A. laidlawii, kontaminiert. In weiterer Folge sind alle in eukaryontischer Zellkultur hergestellten Arzneimittel dem Risiko einer Mykoplasmenkontamination ausgesetzt 3.
Da ein Großteil der biotechnologisch gewonnenen Arzneimittel in eukaryontischen Zellkulturen produziert werden, ist eine routinemäsige Kontrolle auf das Vorkommen von Mykoplasmen vorgeschrieben.
Neben der Verwendung von serumfreiem Medium 3, 4 ist auch der Einsatz von hitzesterilisiertem Wasser zum Auflösen von pulverförmigen Medienbestandteilen anzuraten. Laut Laidlaw und Elford sind Mykoplasmen Kulturen nach 15 min bei 45 °C zahlenmäßig deutlich reduziert, und werden bei 55 °C für 5 Min. abgetötet. Windsor, Windsor und Noordergraaf bestätigten diese Ergebnisse, bei denen die Überlebensrate von Acholeplasma laidlawii bei 50 °C und 60 °C in zwanzig Minuten auf Null reduziert wurde, 40°C können sie jedoch gut überstehen. Laut diesen Forschern: „… ist zurzeit nicht bekannt, wie A. laidlawii Teil der Gesamtkeimzahl in Pulvern wird oder ob ähnliche Pulver (Peptone oder Albumin) die einzige potenzielle Quelle dieser Kontaminante in serunfreien Zellkulturmedien sind.“ zusätzlich ist „Die Fähigkeit dieses Organismus, Sterilfilter zu passieren und dann in einfachen Pepton-Nährlösungen oder Zellkulturmedium-Rezepten, die bei Kühltemperaturen gelagert werden, zu hohem Titer anzuwachsen, problematisch für die Biopharmabranche.“
Wie kann die Präsenz von Acholeplasma laidlawii in der Pharmabranche nachgewiesen werden?
Das Testen auf solche Kontaminanten in der pharmazeutischen Produktionsumgebung ist eine allgemeine Anforderung der Aufsichtsbehörden. Eine Anleitung für diese Tests findet sich im United States Pharmacopeia (USP, Arzneibuch der Vereinigten Staaten) Kapitel <63> Mycoplasma Tests, dem European Pharmacopoeia (EP, Europäisches Arzneibuch) Kapitel 2.6.7 Mycoplasmen, FDA 1993 Points to Consider (PTC), und dem Code of Federal Regulations 21 CFR 610.30 Test auf Mycoplasma.
Mykoplasmen-Kontaminantionen, mit z.B.: Acholeplasma laidlawii können leicht unbemerkt bleiben, da sie von bloßem Auge und unter dem Lichtmikroskop auch bei erhöhten Titern nicht sichtbar sind.
Es braucht Routinetests, um sicherzustellen, dass Zellkulturen nicht kontaminiert sind und dass auch nachfolgende Chargen nicht von einer ursprünglich kontaminierten Charge weiter verunreinigt werden. Zu den Nachweismethoden gehören: direktes Wachstum in flüssigen und/oder festem (Agar) Kulturmedium, spezifische DNS-Färbung, PCR, ELISA, RNS-Markierung und enzymatische Verfahren.
Für den Nachweis von Mykoplasmen gibt es reichaltiges Angebot an Technologien mit unterschiedlichen Vor-/Nachteilen: Vorteilhaft ist der Nachweis des Großteils aller relevanter Mollicuten-Spezien bei gleichbleibender Spezifizität für jede nachgewiesene Spezies sowie einer geringen falsch-positiv Rate. Unvorteilhafte Methoden liefern falsch-positive Ergebnisse, sind zeit- und arbeitsaufwändig und verfügen trotzdem nicht über die gewünschte Spezifizität.
Angesichts der Sequenzierung des kompletten Genoms von Acholeplasma laidlawii 5 und anderen Mollicuten ermöglichen PCR-Sonden ihren schnellen und spezifischen Nachweis. Zu dem neuen BioFire® Mykoplasmen-Panel gehört neben einem Primer für Acholeplasma laidlawiiauch ein vollständiges Panel anderer Mollicuten. Eine automatisierte einfache Probenvorbereitung und Testdurchführung ermöglichen AT Line Ergebnisse in weniger als einer Stunde.
Gibt es zusätzliche Kontrollen, die das Auftreten von Acholeplasma laidlawii in der Biopharmabranche verhindern?
Laut Chandler, Volokhov und Chizhikov kann Acholeplasma laidlawii im speziellen und Mykoplasmen generell dazu neigen, Peptone zu kontaminieren. Es ist also anzuraten routinemäsig auf die Abwesenheit von Mykoplasmen zu testen.
Generell ist es nicht notwendig, in Bakterien oder Hefe, hergestellte Impfstoffe und rekombinante Produkte, auf Mykoplasmen zu testen. Da die Zusammensetzung der Wachstumsmedien dieser schnell wachsenden Organismen, für die Bedürfnisse von langsam wachsenden Mykoplasmen nicht optimal ist, kann eine Mykoplasmenkontamination weitgehend ausgeschlossen werden. Jüngste Berichte schildern jedoch einzelne Fälle, wo mit lebensfähigen Mykoplasmen (insbesonders mit Acholeplasma laidlawii 6 ) kontaminierte Peptone (z. B. sterilfiltrierte Trypton-Sojaprodukte) in der Herstellung von mikrobiologischen Wachstumsmedien verwendet wurden. Aus diesem Grund ist es sinvoll, alle Rohstoffe sorgfältig auf eine mögliche Mykoplasmen-Kontamination zu untersuchen. Des weiteren ist es hilfreich Verfahren zu entwickeln die das Risiko einer Einbringung von lebensfähigen Mykoplasmen über Rohstoffe deutlich zu reduzieren z. B.: UV-Bestrahlung von Rohstoffen
In Industriellen Kontrollrichtlinien/maßnahmen finden sich Empfehlungen zur wirksamen Kontrolle von Acholeplasma laidlawii z. B. in Medien, Seren und Prozessbestandteilen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf einem selektiven Einkauf mit einem dokumentierten Lieferantenmanagementprogramm, Good Manufacturing Practices (GMPs, gute Herstellungspraktiken), Hazard Analysis and Critical Control Points (HACCP, Gefahrenanalyse und Kritischer Kontrollpunkt), vorgeschriebenen QK Programmen und zuverlässigen Maßnahmen zur kontinuierlichen Verbesserung.
Die meisten Prozesse können bei der Mykoplasmenkontamination eine Rolle spielen. In weiterer Folge werden die wichtigsten angeführt: Einkaufspraktiken für Rohstoffe, der Versand/Empfang von Inhaltsstoffen, physischen Einrichtungen, Mitarbeiter und Besucher, Verfahren und Richtlinien (wie z.B.: Hygiene & Reinigung, Schädlingsbekämpfung, Materialumschlag, Staubkontrolle und Luftzirkulation, Feuchtigkeitskontrolle), Wartung & Betrieb von Anlagen, Verpackung, Lagerung und Transport, Kontrollverfahren, Probenahme und Analyse.
Welche gängigen Branchen sind von A. laidlawii betroffen?
A. laidlawii ist für alle Biopharmabereiche, die Zellkulturtechniken einsetzen, von Bedeutung.
Lösungen und Produkte von bioMérieux
BioFire® Mycoplasma
BioFire® Mycoplasma, auch Labor im Beutel (lab in a pouch) genannt, ist ein geschlossenes, vollautomatisiertes System, das einen hochempfindlichen und breiten Nachweis von Mollicuten mit weniger als fünf Minuten hands on time ermöglicht.
Im geschlossenen Einweg Pouch sind alle nötigten Reaktionsschritte für den Mykoplasmen Nachweis bereits integriert. Das beeinhaltet sowohl die Nukleinsäurenextraktion und aufreinigung als auch eine zweistufige nested Multiplex real-time PCR (verschachtelte Multiplex-Echtzeit-PCR). Die einfache Bedienung ist schnell geschult und kann auch von Personen ohne PCR Vorkenntnisse leicht durchgeführt werden. Die Laufzeit beträgt weniger als 1 Stunde.
Die in jedem Beutel enthaltenen fünfzehn verschiedenen PCR-Assays, ermöglichen die Abdeckung der genetische Vielfalt der Mollikeln-Klasse. Detektiert werden unter anderem Spezies der Gattungen Acholeplasmen, Entomoplasmen, Mesoplasmen, Mykoplasmen, Phytoplasmen, Spiroplasmen und Ureaplasmen. Drei interne Kontrollen gewährleisten die Zuverlässigkeit der Ergebnisse, indem sie von der Probenentnahme bis zum Amplikon-Nachweis alle Reaktionsschritte im Beutel überwachen.
Bei der Entwicklung von BioFire® Mycoplasma wurde besonders auf die Einhaltung der Anforderungen aller gängigen Arzneibücher (USP,EP,JP) Wert gelegt. Studien die die Nachweisgrenze (LOD) von ≤ 33 KBE/ml bei 0,2 ml und ≤ 10 KBE/ml bei 10 ml Probenvolumen, aller in den gängigen Arzneibüchern angeführten Mykoplasma-Spezies belegen, liegen vor.
Direktes Testen von 0,2 ml-Proben soll die häufigere Überwachung von Rohstoffen, Zellbanken, sowie frühen Produktzwischenprodukten ermöglichen. Desweiteren kann es bei Arzneimitteln wo nur begrenztes Volumen zur Verfügung steht (z.B.: autologen Zelltherapien) eine Alternative bieten. Die für die Enproduktfreigabe geforderte Nachweisgrenze von 10 KBE/ml wurde bei 10 ml Proben für alle getetesten Mykoplasmen Spezies erreicht, hierbei sind nur wenige einfache Zentrifigationsschritte nötig.
Literaturhinweise
1 The growth and long term survival of Acholeplasma laidlawii in media products used in biopharmaceutical manufacturing Helena M. Windsor, G. David Windsor, and J.H. Noordergraaf, Biologicals 38 (2010) 204–210.
2 Considerations for risk and control of mycoplasma in bioprocessing, Angart et al., Current Opinionin Chemical Engineering, 2018,22:161–166.
3 The scope of mycoplasma contamination within the biopharmaceutical industry, Armstrong, Mariano , Lundin., Biologicals. 2010 Mar;38(2):211-3. doi: 10.1016/j.biologicals.2010.03.002.
4 Low IE. Isolation of Acholeplasma laidlawii from commercial serum free tissue culture medium and studies on its survival and detection. Appl Microbiol 1974:1046–52.
5 Beardsley T. Contamination at flow labs. Nature 1983;304:674.
6 Complete Genome and Proteome of Acholeplasma laidlawii, Lazarev et al., Journal of Bacteriology Aug 2011, 193 (18) 4943-4953; DOI: 10.1128/JB.05059-11.
7 PDA (2010) Technical Report No. 50: Alternative Methods for Mycoplasma Testing. Bethesda, MD.